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Von Manuela Hötzl.

„Was denkbar ist, ist machbar“

Neunundneunzig im Wonderland

Architekten im europäischen Wonderland. Neun Länder. Neun Ausstellungen. Neunundneunzig Teams.

Ein Wunder ist ein Mysterium, ein Phänomen, das sich vordergründig dem Verstand und dem Verständnis der Realität entzieht. Es beinhaltet auch das Unsichtbare, das im Allgemeinen positiv besetzt ist. Vor einem Wunder verneigt sich der Mensch und bekennt seine Unkenntnis. Ein Wunder ist nichts Visionäres, nichts Utopisches, ein Wunder ist Verwunderung über eine mögliche Realität, die außerhalb der momentanen Vorstellungskraft liegt. Erst wenn man bereit ist, sich zu „wundern“, kommt man zu Einsichten, die fern der erlernten Erfahrungsskala liegen, und erst dann gilt der im Vorwort des Katalogs „Wonderland“ propagierte Satz der Funder GesmbH: „Was denkbar ist, ist machbar.“

Die Ausstellung „Wonderland“ verweist auf das Machbare in der Architektur, das vielleicht noch ein wenig Wunder in sich birgt. Nach ihrem Start mit elf jungen Architektenteams in St. Veit an der Glan hat sie sich nun aufgemacht, durch neun europäische Länder zu ziehen und dabei stetig zu wachsen. Die Stationen Bratislava und Prag sind bereits absolviert. Mit der nächsten Destination Berlin geht es weiter Richtung Westeuropa.

Das Ausstellungskonzept, das ohne Kurator auskommt, weist den in den verschiedenen Ländern neu hinzukommenden jungen Architektenteams jeweils Tafeln mit annähernd einem Quadratmeter Größe zu. Die Ausstellung lässt ihr eigenes Wachstum zu, auch wenn dies angeblich nicht von Anfang an so geplant war, und entwickelt sich so von selbst zu einer gewaltigen Pixel-Landschaft der Architektur. Die kleinen Tableaus auf dünnen Stielen, wie bunte Architekturgewächse wuchernd, lassen sich flexibel zusammensetzen und ergänzen. Die Projekte verschwimmen und gehen in der Menge ineinander über. Dennoch: Daraus entsteht ein „Wonderland der europäischen Architektur“, dessen Spezifikum es ist, dass es eine gemeinschaftliche, europaweit vernetzte Architekturszene darstellt: ein „europäisches architektonisches Soziotop“.

Im Unterschied liegt die Gemeinsamkeit oder ist doch nichts mehr erkennbar. Oder? Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entdecken, wird jedem Besucher selbst überlassen. Ebenso wie die Ausstellung. Ohne Kuratorenschaft überlässt sie sich der fremden Manipulation, die länderspezifisch ihre Schleifen zieht.

Nach Amsterdam, Paris, Venedig, Zagreb und Ljubljana soll die Ausstellung im Jahr 2006 wieder nach Kärnten zurückkommen. Mit neunundneunzig Repräsentanten in Wonderland steht dann eine bunte Architekturwelt exemplarisch für ein stark verzweigtes Netz von jungen Architekten vor den Besuchern und eine selbstorganisierte, selbstgewachsene, kleine, feine Datenbank.


Idee und Konzept:
Verein „Wonderland – Plattform für Architektur“
Industriestraße 2, A-9300 St. Veit/Glan


Artikel erschienen in: REPORT.Magazin für Kunst und Zivilgesellschaft in
Zentral- und Osteuropa,November 2004



> Link: REPORTonline > Link: Wonderland-